Tagebuch meines Alleinfluges um die Welt
Im selbstgebauten Flugzeug
Inhaltsverzeichnis
Zu meiner Person............................................................................. 9
Die Vorgeschichte ......................................................................... 11
Der Flugzeugbau ........................................................................... 15
Technische Daten .......................................................................... 25
Die Flugvorbereitung ..................................................................... 29
Es geht los:
15. August 1996 Wels ( Luxor ....................................................... 35
17. August 1996 Luxor ( Muscat.................................................... 47
19. August 1996 Muscat ( Karachi................................................. 53
20. August 1996 Karachi ( Ahmedabad ......................................... 59
21. August 1996 Ahmedabad ( Calcutta......................................... 65
24. August 1996 Calcutta ( Bangkok ............................................. 77
26. August 1996 Bangkok ( Singapore........................................... 83
28. August 1996 Singapore ( Denpasar.......................................... 89
30. August 1996 Denpasar ( Darwin............................................... 95
31. August 1996 Darwin ( Mackay................................................. 99
01. September 1996 Mackay ( Brisbane....................................... 101
03. September 1996 Brisbane (Tontouta....................................... 103
05. September 1996 Tontouta ( Nausori........................................ 111
05. September 1996 Nausori ( Pago Pago..................................... 115
06. September 1996 Pago Pago ( Christmas Island........................ 119
07. September 1996 Christmas Island ( Hilo.................................. 127
07.–15. September 1996 Aufenthalt in Hilo.................................... 135
16.–19. September 1996 Hilo ( Hayward...................................... 141
20. September 1996 Hayward ( Sedona........................................ 149
21. September 1996 Sedona ( Fort Worth..................................... 155
22. Sept.–05. Okt. 1996 Präzisionsweltmeisterschaft..................... 159
06. Oktober 1996 Dallas ( Williamsport........................................ 165
07. Oktober 1996 Williamsport ( Halifax....................................... 169
09. Oktober 1996 Halifax ( Gander............................................... 173
09. Oktober 1996 Gander ( Ponta Delgada................................... 177
10. Oktober 1996 Ponta Delgada ( Lissabon..................................181
11. Oktober 1996 Lissabon ( Le Puy............................................ 183
12. Oktober 1996 Le Puy ( Wels.................................................. 189
Zusammenfassung......................................................................... 191
15. August 1996: Es geht los
WELS–LUXOR
Nach der letzten (unruhigen) Nacht im eigenen Bett stehe ich um 0330 Uhr auf. Leichtes Frühstück – und um 0400 steht mein Freund Günther Tuppinger vor der Tür, um mich nach Wels zu bringen; auch Johann – „Johnny“ – Auer fährt mit, um mich zu verabschieden. Mir ist es lieber, daß meine Frau Elisabeth und Eva – meine Tochter – nicht mitfahren, ich mag keine Abschiedsszenen.
Um diese Zeit ist die Autobahn noch relativ leer und nach 110 km sind wir um Punkt 0500 in Wels. Ich habe schon eine Woche vorher mit Oliver Hackenberg, dem Betriebsleiter von Wels, meinen sehr frühen Abflug vereinbart. Trotz der noch herrschenden Finsternis sind heute sein Büro und die Halle schon hell erleuchtet.
Meine erste Aktion ist: Flugwetterberatung Linz anzurufen, Streckenwettervorhersage für die Route Wels ( Luxor. Der „Wetterfrosch“ meint, daß für den österreichischen Teil der Strecke ein Sichtflug eher schwierig sein würde, jedoch der Weiterflug ab dem Raum Südungarn vom Wetter her problemlos ist. Mit dieser Vorhersage bin ich zufrieden und gebe beim AIS in Linz den Flugplan auf.
Mittlerweile ist Presse, Rundfunk und Fernsehen auch eingetroffen. Ich ziehe mein Flugzeug aus der Halle zur Tankstelle. Erstmals betanke ich es jetzt bis zum „Stehkragen“, also 490 Liter AVGAS 100LL.
Abb. 1: Abflugbereit
Zusammen mit dem Gepäck, das ich gestern schon im Gepäckraum untergebracht habe, werde ich beim Abflug nach meiner Kalkulation um 176 kg (!!) überladen sein. Die Überladung selbst macht mir schon Kopfzerbrechen. Daß aber bei dieser Überladung auch noch der Schwerpunkt hinter dem zulässigen Bereich liegt, macht mich schon tagelang nervös. Beim Gedanken an den Start bekomme ich feuchte Hände. Ich werde heute den ersten Flug mit diesem Beladungszustand machen und hoffe, daß mein kleiner Flieger trotzdem wie bisher funktioniert.
Die Antworten die ich vor dem Abflug auf die Fragen der Reporter gebe, sind nicht die besten – ich bin bei den Interviews gedanklich schon beim Start.
DER START
Endlich – alle Vorbereitungen sind beendet, händeschütteln, viele gute Wünsche. Jetzt sitze ich im Flugzeug. „Oskar Echo Charlie Golf Hotel request taxi for a VFR flight to Luxor“. Die Antwort von Oliver kommt prompt: „Oskar Golf Hotel taxi via taxiway alfa and charlie to runway 27 QNH 1014“. Jetzt erst sehe ich, daß auch mein Fliegerfreund Othmar Wolf mit seiner selbstgebauten Cherry BX-2, extra bereits sehr frühzeitig aus St. Georgen im Ybbsfeld angeflogen ist, um mit mir das erste Stück des Weges um die Welt zu fliegen. Ich erreiche den Rollhaltepunkt für die Piste 27 und melde „Oskar Echo Charly Golf Hotel ready for departure“. Die prompte Antwort von Oliver: „Take off own descretion runway 27, wind 300 degrees 5 knots“.
Abb. 2: Ein letztes Aufwiederseh’n
Mein Puls steigt als ich auf die Piste rolle, ausrichte, den Transponder auf 7000 schalte und um 0411GMT, entsprechend 0611 Ortszeit Vollgas gebe.
Langsamer als gewohnt beschleunigen die 180 PS des Lycomings IO-360 B1E meine Glasair. Ich lasse die Nase bis 80 Knoten unten. Erst jetzt 10 Knoten schneller als sonst ziehe ich den Knüppel leicht nach hinten. Eher wiederwillig hebt meine „Elisabeth“ das Bugrad. Bei etwa 90 Knoten hebe ich ab und sehe, die Nase geht immer mehr in den Himmel – sofort nachdrücken – ich erschrecke über die konfuse Reaktion des Flugzeuges auf meine Steuerausschläge. Jeder Ausschlag hat ein Übersteuern zur Folge, ich muß deshalb jeden Steuerausschlag mit einer entgegengesetzten Ruderbewegung sehr massiv abbremsen, um dieses Übersteuern zu kompensieren.
Die Steigleistung, die doppelsitzig und vollgetankt bei 1300 bis 1500 ft/min. liegt, beträgt jetzt nur etwa 600 bis 800 ft/min.
Mit 110 Knoten Fluggeschwindigkeit während des Steigens liegt mir der Flieger „pflaumenweich“ in der Hand. Ich beschleunige deshalb auf 120 Knoten – so geht’s besser. Ich aktiviere den Autopilot, schalte ihn aber sofort wieder ab, weil die Autopilotsteuerung viel zu träge für den herrschenden Beladungszustand und die überkritische Steuerung ist. Nickbewegungen durch die zu langsame Reaktion des Autopiloten werden immer größer. Othmar Wolf bittet mich etwas langsamer zu fliegen, damit er mit seiner Cherry besser mitkommt. Ich lehne ab, weil ich auf den bei 120 Knoten herrschenden halbwegs stabilen Flugzustand nicht verzichten will.
Jetzt, in 2000 ft Höhe, merke ich erst wie ich schwitze. Ich melde den Ausflugspunkt Sattledt und bekomme über Funk nochmals viele gute Wünsche für mein Vorhaben. Ich verabschiede mich auch bei Othmar, den ich nicht mehr sehe und schalte um auf 124,4 Mhz – Wien-Information. Nach meiner Positionsmeldung mit Angabe der Destination kommt die Aufforderung, die Destination zu wiederholen. Ich wiederhole „Destination Luxor“ und es kommt sofort die Frage nach dem Flugzeugtyp, die ich mit: „Kitplane Glasair IIS-RG“ beantworte.
… UND DEA FLIEGA KANN
SO WEIT FLIAGN ?“
Jetzt kommt aus dem Kopfhörer auf wienerisch die Frage „und dea Fliega kann so weit fliagn?“ worauf ich antworte, daß ich gerade zur ersten Etappe auf einem Flug um die Welt gestartet bin und der Flieger mit dem Zusatztank eine Reichweite von nahezu 5.000 km hat. Noch einmal kommt die Frage nach dem Flugzeugtyp und ich erkläre, daß ich den Flieger selbst gebaut habe und allein – nur mit dem Zusatztank am Copilotensitz – unterwegs bin. Jetzt bekomme ich über Funk auch von Wien-Information alles Gute für meinen Flug übermittelt wie auch das QNH und den Transpondercode mit der Auflage direkt zum Ausflugspunkt JONNI zu fliegen. Kurz darauf erhalte ich auch die Bestätigung „OECGH radar contact“.
Abb. 3: Der Blick in Flugrichtung bei normaler Sitzposition …
Um diese Zeit ist es auf der Frequenz noch sehr ruhig. Ich frage nach dem Verkehr auf meiner Route und bekomme die Auskunft „no observed traffic below flight level 120“. Also beschließe ich auf 7.500 ft zu steigen um in ruhigere Luft zu gelangen und etwas mehr Geschwindigkeit über Grund zu machen. Laut Wetterberatung wird sich die Bewölkung ab Ungarn auflösen. Nach der Meldung meines Vorhabens bei Wien-Info, verschwinde ich in der Gegend Lilienfeld bei 3.500 ft Wolkenuntergrenze in die Stratusbewölkung.
Der Flug in denWolken ist ruhig, verbunden mit leichtem Regen. Ich bin durch den labilen Gleichgewichtszustand sehr mit dem Steuern meines Flugzeuges beschäftigt. Nach meiner Positionsmeldung über dem Pflichtmeldepunkt JONNI werde ich von Wien-Info, versehen mit nochmaligen guten Wünschen für mein Vorhaben, zu Budapest-Info übergeben. Auch auf dieser Frequenz wiederholt sich ein ähnlicher Funkverkehr wie mit Wien-Information. Ich bekomme einen neuen Transpondercode und die Freigabe vom Pflichtmeldepunkt JONNI zum VOR SAGVAR zu fliegen. Ich erreiche meine geplante Höhe von 7.500 ft und komme am Plattensee aus den Wolken.
SCHÖNWETTER
Von jetzt an habe ich Schönwetter bis Luxor. Im Flugplan habe ich die Route von SEGVAR VOR direkt zum Pflichtmeldepunkt BABIT, an der ungarisch-yugoslawischen Grenze gelegen, und weiter zum BELGRADE VOR angegeben. Nach dem Einflug in Yugoslawien bekomme ich den Auftrag meine Route nach dem Passieren des Meldepunktes SAVIN direkt zum TOPOLA VOR zu ändern und weiter über VOR BLACE zum VOR THESSALONIKI zu fliegen. Ich bestätige diese Streckenanweisung und teile der Bodenkontrolle mit, daß ich auf 9.500 ft steige, weil ich sehe, daß auf meiner Strecke Wolken im Entstehen sind. Über den wenigen vereinzelten Cumuluswolken habe ich einen sehr angenehmen ruhigen Flug. Auch der Autopilot funktioniert jetzt nach 4 Stunden (der obere Zusatztank ist jetzt fast leer) wieder wie gewohnt.
Nach 4,5 Stunden überfliege ich Athen. Es wird wolkenlos über der Ägäis. Ich überprüfe alle Motordaten bevor ich auf´s Meer hinausfliege. Nun beginnt der erste Überwasserflug. Ich habe die Schwimmweste griffbereit zwischen Zusatztank und Kabinendach eingeklemmt.
In Gedanken spiele ich einen Notfall durch: Notmeldung – Schwimmweste überziehen – Notwasserung – meine Rettungstasche mit der Notausrüstung aus dem Gepäckraum nehmen und, am hoffentlich noch schwimmenden Flugzeug, aufblasen. Aus Gewichtsgründen habe ich auf das selbstaufblasbare Schlauchboot verzichtet und mir statt dessen ein Badeschlauchboot mit 7 kg weniger Gewicht mitgenommen. Ich überlege mir wie ich eine Notwasserung mit meinem Flugzeug machen würde. Fahrwerk raus oder rein? Wegen eines zu befürchtenden Überschlages beim Aufsetzen, würde ich das Fahrwerk nicht ausfahren, stattdessen würde ich aber versuchen, mit voll ausgefahrenen Klappen möglichst auf einem Wellenberg mit Mindestfahrt in das Wasser zu kommen.
Mein Grübeln wird jäh unterbrochen, als ich routinemäßig die Motorüberwachungsinstrumente kontrolliere und feststelle, daß die Öltemperatur um fast
20° Fahrenheit angestiegen ist. Ich befinde mich über Kreta. Was soll ich tun? Auf Kreta gibt es einige Flugplätze – ich bin 9.500 ft hoch – und beschließe soweit weiterzufligen wie mir mein Gleitwinkel von ca. 1 : 13 erlaubt, um noch einen Flugplatz im Gleitflug zu erreichen. Sollte die Öltemperatur weitersteigen, beschließe ich noch innerhalb des Gleitwinkels den nächsten Flugplatz anzusteuern.
ÖLTEMPERATUR
Trotz angenehmer Kabinentemperatur komme ich ins Schwitzen. Ich rechne mir eine maximale Entfernung zum nächsten Platz aus.
3000 m Flughöhe mal 13. Ich setze mir als Maximalentfernung 20 Nautische Meilen. Bleibt die Öltemperatur konstant – Weiterflug – steigt die Öltemperatur weiter an – Ausweichflugplatz. Ich beobachte gespannt die elektronische Temperaturanzeige, die 202° F zeigt. Der grüne Bereich geht bis 225° F. Der Öldruck ist noch im Normalbereich.
Ich verlasse die Südküste Kretas Richtung Ägypten. Vor mir liegen ca. 1,5 Stunden Wasser. Ich bekomme feuchte Hände – plötzlich, bei ca. 12 NM Entfernung von der Küste Kretas, beginnt die Öltemperaturanzeige wieder zu sinken und stabilisiert sich wieder am Normalwert von 182° F. Ich kann mir den Vorgang nicht erklären, beobachte aber weiter ständig die Temperatur – sie bleibt stabil bei 182° F. Der Motor läuft ruhig und ich beschließe den Flug Richtung Luxor fortzusetzen.
Die Erklärung für die Veränderung der elektronischen Temperaturanzeuge bekomme ich erstnach meiner Rückkehr nach Österreich, als ich Georg Schröcker davon erzähle. Er meint, daß ein starker Bodensender durchaus imstande sei, die Elektronik so zu stören, daß daraus eine Fehlanzeige entsteht. Ich erfahre auch von ihm, daß in Kreta ein Loran-Sender mit einigen tausend Watt Sendeleistung steht, der für Luft- und Seenavigation eingesetzt wird.
DIE AFRIKANISCHE KÜSTE
Als die afrikanische Küste in Sicht kommt, läßt die Anspannung nach. Die Motoranzeigen sind die ganze Zeit über Wasser stabil geblieben. Die klare Luft beim Überwasserflug weicht einer gelbbraunen Dunstschichte – die Folge von Thermik und Wind, die feinste Sandteilchen in die Luft bringen.
Über dem VOR El Daba, an der Küste von Ägypten, bekomme ich von Kairo-Control den Auftrag, nicht wie im Flugplan angegeben ab dem Pflichtmeldepunkt KATAB über das VOR ASYUT direkt Richtung Luxor zu fliegen, sondern nach KATAB und dann über das NEW VALLEY Funkfeuer nach Luxor. Daraus ergibt sich ein Umweg von 75 NM. Also knapp eine halbe Stunde länger als geplant.
Abb. 4: Der erste Blick auf Afrikas Küste
Das Gelände unter mir ist nicht sehr abwechslungsreich. Außer Sand und ausgetrockneten Wadis ist nicht viel zu sehen. Ich esse einige Kekse und trinke Mineralwasser.
Abb. 5: Eintönige Landschaft
Erstmalig verwende ich auch mein Urinal. Der Apotheker in Wieselburg hat mir dazu eine gängige medizinische Ausrüstung empfohlen. Dieses Pissoir besteht aus einem Präservativ mit einem kurzen Schlauchansatz und einem Plasiksackerl mit einem ca. 3/4 Meter langem Kunststoffschlauch, den ich am Präservativ anstecke. Ich „installiere“ alles und bin über die Funktion sehr zufrieden. Oben Mineralwasser einfüllen (trinken) und einige Zeit später rinnt das umgewandelte Wasser in den Fußraum meines Fliegers – ich habe das Plastiksackerl unter den Seitenruderpedalen liegen. Durch dieses „Umpumpen“ von stündlich ca. 1/2 Liter Mineralwasser verlagert sich auch der Schwerpunkt meines Flugzeuges etwas nach vorne.
70 Meilen vor Luxor beginne ich mit dem Sinkflug und muß dann noch wegen einem vor mir landenden „Airliner“ eine Warterunde fliegen, bevor ich die Freigabe zur Landung bekomme.
Schon im Anflug merke ich, daß, je tiefer ich komme, die Temperatur kräftig zulegt. Nach der Landung rolle ich zu meiner Parkposition weit draußen am Apron. Ich öffne wegen der Hitze die Haube, die Außentemperatur beträgt jetzt um 1630 Ortszeit 42° C.
In 10 Stunden 19 Minuten habe ich die erste Etappe zu meinem Flug um die Welt hinter mich gebracht. 3.330 km mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 323 km/h bzw. 174,6 kts – ich bin mit meiner Reisegeschwindigkeit zufrieden und hätte laut Tankanzeige noch
ca. 5 Stunden weiterfliegen können.
Meine erste Aktion – nachdem ich mich von meinem Urinal „abgesteckt“ habe und ausgestiegen bin – kräftig strecken und die vier befüllten Plastiksäckchen ausleeren, dann Blick auf die Unterseite meines Flugzeuges – Überprüfung auf Ölspuren. Der Flugzeugbauch ist sauber, ich überprüfe den Ölstand. Der Peilstab ergibt einen Ölverbrauch von 1 Liter. Dieser Verbrauch ist sehr gut. Rechne ich das noch verteilte Öl im Motor dazu, so liegt der Verbrauch nach über zehn Stunden Flugzeit bei ca. einem 3/4 Liter.
Abb. 6: Landeanflug Luxor
GESCHAFFT
Handgepäck heraus, Cockpitabdeckung über das Flugzeug ziehen, absperren und ich werde mit einem Auto zum Abfertigungsgebäude gebracht. Die Abfertigung ist freundlich und unorientalisch schnell. Nachdem der Einreisepapierkram erledigt ist, werde ich zum Flughafenbetriebsleiter gebracht. Ich erzähle ihm mein Vorhaben, das ihn so begeistert, daß er statt der normal fälligen 120 US$ nur 35 US$ Landegebühr kassiert und mir „Security“ für mein Flugzeug anbietet. Auf meine Frage über die Kosten dafür höre ich 15 US$ pro Tag, worauf ich auf das Angebot eingehe. Die Landegebühr und die Bewachung habe ich sofort zu bezahlen und nachdem der Betriebsleiter ein Telefonat geführt hat, sehe ich durch das Fenster einen Uniformierten mit Gewehr, aufgepflanztem Bajonett und einem großen Pappkarton unter dem Arm in Richtung meines Flugzeuges gehen. Der Betriebsleiter erklärt mir, daß dieser Uniformierte bis zu meinem Abflug übermorgen Früh bei meinem Flugzeug bleiben wird. Der Karton unter seinem Arm wird ihm als Unterlage zum Schlafen dienen.
Auf mein Ersuchen um die Empfehlung eines kleinen Hotels führt der freundliche Ägypter einige Telefonate und bringt mich persönlich zu einem Taxi, dessen Lenker er genau erklärt, wohin er mich bringen soll. Viele gute Wünsche für mein weiteres Vorhaben begleiten mich bei meiner Abfahrt zum Bola Hotel. Ich bin überrascht über so viel Freundlichkeit und dies umso mehr, als ich im Hotel bereits erwartet werde. Der Receptionist erklärt mir, daß ich wegen des Anrufes des Flughafenbetriebsleiters 50% Discount erhalte.
Nach einer sehr erfrischenden Dusche und einem Hühnchen zum Abendessen gehe ich um 2030 Uhr in mein backofenheißes Zimmer. Ich bin hundemüde und schlafe trotz der Hitze bald ein.
Nach dem Frühstück am 16. August suche ich ein Taxi, dessen Lenker entweder Deutsch oder Englisch sprechen soll. Ich finde Hassan, einen jungen, lustigen Burschen, mit dem ich verabrede, daß er mir für 50 US$ pro Tag, die wesentlichen Sehenswürdigkeiten in und um Luxor zeigen soll.
Abb. 7: Im Hintergrund der Hatschepsud-Tempel.
Auf diesem Vorplatz wurde nach meinem Besuch eine Gruppe Touristen von Extremisten erschossen.Unser erster Weg führt uns zum Nil, wo er einen Freund mit einem Boot hat, der uns über den lebensspendenden Fluß bringt. Drüben angelangt, findet Hassan einen anderen Freund. Dieser bringt uns in seinem Taxi, vorbei an den Memmnon-Kolossen, zum Tal der Könige. Dort wandere ich mit den wenigen Touristen in sengender Hitze von einem Königsgrab zum nächsten. In den Grabstätten herrscht angenehme Kühle. Ich erlebe immer die gleiche Zeremonie der Grabwächter. Nachdem ich mit den Grabwächtern allein in einer Grabkammer bin, kommt die Aufforderung verbotenerweise zu fotografieren, was ich auch tue. Nachdem ich alles geknipst habe kommt die Aufforderung zum Bakschisch. Auf diese Weise erreichen die Grabwächter eine sehr effektive Aufbesserung ihrer Bezahlung. Nach jedem Höhlengrab trifft mich beim Hinaustreten in die Gluthitze Ägyptens eine wahre Hitzekeule. Gegen Mittag bin ich wieder beim Taxi, und auf geht’s zum nächsten Ziel, dem Hatschepsud-Tempel.
GERÜCHE DES ORIENTS
Hassans Freund läßt seinen Wagen im Leerlauf die Kurven vom Tal der Könige hinunterrollen. Es wird eben und ich denke, er wird jetzt den Motor starten. Wir rollen aus und der Wagen kommt zum Stillstand. Großes Palaver – Hassan erklärt mir, daß seinem Freund das Benzin ausgegangen ist. Nach kurzem Warten in der sengenden Hitze – die Sonne brennt mittlerweile fast senkrecht auf die Erde, – kann Hassan ein anderes Taxi stoppen, das uns dann zu unserem Fahrziel bringt. Meine Besichtigung des Hatschepsud Tempels fällt in Anbetracht der Hitze kurz aus. Ich schätze die Temperatur im Schatten auf 50° C. Zurück über den Nil zum Luxor Tempel und am Spätnachmittag in die Medina (Altstadt) von Luxor.
Abb. 8: In den engen Gassen begleiten mich die Gerüche des Orients.
Ich trinke Kaffee, Hassan bestellt für sich eine Wasserpfeife. Ich möchte allein durch das Zentrum von Luxor marschieren, deshalb vereinbaren wir einen Treffpunkt auf der anderen Seite der Altstadt.
Abb. 9: Ein Geschäft in der Medina (Altstadt) von Luxor. Alles wird verkauft, sogar verbogene, rostige Nägel sind mit einem Preisschild versehen.
In den engen Gassen begleiten mich alle Gerüche des Orients. Es wird auf den Straßen vom orientalischen Teppich bis zum orientalischen Gewürz alles angeboten, was das Herz begehrt. Ich komme an einem eingefriedetem Gebäude vorbei, das offensichtlich eine Schule ist. Interessiert betrachte ich durch das versperrte Gittertor das Gebäude als mir jemand auf die Schulter klopft und mich auf arabisch anspricht. Ich drehe mich um und sage auf Englisch, daß ich nur Deutsch und Englisch spreche. Die Antwort kommt in gutem Englisch mit der Frage, was ich hier tue. Meine Gegenfrage nach dem Zweck des Gebäudes beantwortet mein Gegenüber, daß wir vor einer Schule stehen und er der Schulwart dieser Schule ist. Nun frage ich nach der Möglichkeit einer Besichtigung und erkläre ihm, daß ich Lehrer in einer österreichischen Berufsschule für Tischler bin. Die Ablehnung im Gesicht des Schulwartes weicht, als ich ihm für seine Mühe 5 US$ anbiete. Bereitwillig führt er mich nun durch das sehr luftige Gebäude. Zu meiner Freude stellt sich heraus, daß ich hier in einer ägyptische Berufsschule für Tischler bin. Die Schuleinrichtungen und die Holzbearbeitungsmaschinen sind durchaus westlich, jedoch „orientalisch“ gewartet. Ich bin froh Lehrer in einer österreichischen Tischlerberufsschule, in Pöchlarn, sein zu dürfen.
Abb. 10: Die Tischlerei von Herrn Henry Nasr in Luxor. Das Arbeitsmaterial und die Maschinen erscheinen fast „wie aus der Zeit der Pharaonen“. Das Arbeitsergebnis beeindruckt mich aber sehr. Auf meinem Spaziergang durch die Medina gehe ich dem mir bekannten Ton einer Holzkreissäge nach und komme in die Rue Hor Hoheb, wo ich eine „Tischlerei“ finde. Ich trete in die zur Straße hin offene Werkstätte und finde Herrn Hany Nasr Nary, den Tischlermeister, dem ich mich vorstelle und der mir mit großer Freundlichkeit seine „Joinery“ zeigt. Das Ergebnis seiner und seiner beiden Mitarbeiter Arbeit ist für mich in Anbetracht der Arbeitsumstände, des Werkzeuges und des verarbeiteten Materials, beeindruckend. Ich bin nicht sicher, ob meine Schüler unter den gleichen Umständen ein gleich gutes Arbeitsergebnis erreichen würden. Die handwerklichen Fähigkeiten und das Improvisationstalent dieser Leute sind sehr erstaunlich.
Abb. 11: Die „Löwenallee“ des Tempels in Luxor.
Abb. 12: Ein Obelisk in der Tempelanlage von Karnak in Luxor (Ägypten).
Herr NasrNary lädt mich zum Abendessen ein. Ich lehne herzlich dankend ab, weil ich vor habe, die abendliche Lichtshow im Karnak-Tempel zu besuchen. Ich verspreche ihm aber nach meiner Rückkehr nach Österreich zu schreiben und eventuell irgendwann wiederzukommen. Am vereinbarten Treffpunkt erwartet mich Hassan, der mich zum Abendessen ins Hoeel bringt und anschließend zum nahegelegenen Karnak-Tempel fährt. Die vor mehreren tausend Jahren errichtete Tempelanlage mit den gewaltigen Säulen und der dargebotenen Lichtshow ist gewaltig. Ich hoffe, daß ich irgendwann wiederkomme und dann mehr Zeit für eine eingehendere Besichtigung dieser Kulturschätze haben werde. Nachdem ich mit Hassan vereinbart habe, mich am nächsten Tag um 0530 Uhr beim Hotel abzuholen und ich ihm 60 US$ Bezahlung übergebe, falle ich gegen Mitternacht erschöpft ins Bett. Nach einer kurzen Nacht bringt mich Hassan in der Morgendämmerung zum Flughafen. Er lehnt die Bezahlung ab und schenkt mir dazu noch ein Halskettchen für meine Frau. Ich bin wirklich überrascht über so viel unerwartete Freundlichkeit und verspreche beim Wiederkommen wieder mit ihm zu fahren. Im Flughafen ist um diese Zeit noch alles ziemlich ruhig. Die Zöllner haben soeben den Büroschlaf beendet. Ich werde von einem Beamten zum Tower geleitet. Ein Lift bringt uns in das „Kontrollzentrum“ von Luxor. Von oben sehe ich einsam und verlassen meine Glasair weit draußen am Vorfeld stehen. Der „Security Guard“ ist noch immer beim Flugzeug. Ich schreibe den Flugplan für meine nächste Etappe.
DIE WEITERE ROUTE
Es soll über das Rote Meer, Saudi Arabien, Bahrein, dem Persischen Golf und die Vereinigten Emirate nach Muscat, der Hauptstadt des Oman, gehen. Ich übergebe dem Controller meinen Flugplan. Nachdem er mein Vorhaben gelesen hat und sieht, daß ich der Pilot des Kleinflugzeuges bin, bietet er mir heißen Minztee an. Er händigt mir auch ein Fax vom AIS-Linz aus, das die Überflugsgenehmigung für Pakistan beinhaltet. (An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an die Flugsicherung Linz.) Ich bitte den Beamten, einen Tankwagen zu meinem Flugzeug zu schicken.
Nachdem alle Formalitäten beendet sind, ersucht mich der Flugsicherungsbeamte mit mir zum Flugzeug gehen zu dürfen, um es sich ansehen zu können. Sein Kollege bleibt solange alleine am Turm. Gemeinsam gehen wir an diesem heißen Morgen über das Vorfeld.
Es ist jetzt 0605 Loc und die Temperatur beträgt bereits 27° C. Mein Begleiter erzählt mir, daß er seit 4 Jahren stolzer Besitzer des Privatpilotenscheines ist, er aber nur in Kairo die Möglichkeit zum Fliegen hätte, da dort der einzige Aeroclub des Landes beheimatet ist bei dem man Kleinflugzeuge chartern kann.
Wir erreichen mein Flugzeug. Nach dem Entfernen der Plane mache ich einen gründlichen Aussencheck. Ich überprüfe den Ölstand und die Benzintanks – alles ist so wie ich es verlassen habe. Mittlerweile haben sich um das Flugzeug eine ganze Menge Leute versammelt. Sie alle unterhalten sich lebhaft miteinander. Während ich die Tanks mit 307 Litern Avgas randvoll fülle kommen von einigen der Zuschauer Fragen über das Flugzeug und mein Vorhaben. Jede meiner Antworten wird sofort ins arabische übersetzt und löst immer wieder ungläubiges Kopfschütteln aus. Nachdem ich den Ölstand wieder mit 3/4 Liter Öl auf 8 Quarts gebracht, die Betankung mit sehr günstigen 178 US$ beglichen habe, und alles verpackt im Flugzeug liegt, verabschiede ich mich durch Handschlag beim Controller und meinem Flugzeugbewacher. Als ich im Flugzeug sitze, drängt auch mein ca. 20-köpfiger Fan-Club zum Einstieg, jeder schüttelt mir die Hand. Ich kann zwar nichts verstehen, freue mich aber über die Herzlichkeit dieser Leute.
Ich schließe das Cockpit und starte den Motor. Die Aussentemperaturanzeige zeigt 28° C.
Ich beginne nicht nur wegen der bereits herrschenden Temperatur zu schwitzen.
Beim Gedanken an den Start und den Steigflug bei diesen Temperaturen mit meinem überladenen Flieger wird mir zusätzlich heiß.
Dieses Buch ist zu beziehen unter
ISBN: 3 901975-08-X - Preis: ATS 580,- (€ 42,15)
Vom Autor:
Hans GUTMANN, Bienensteingasse 11, A-3250 Wieselburg
Tel.Fax.: +43 7416 52518, e-mail: johann.gutmann@netway.at
Vom Verlag:
Rechtsverlag LAST § CO, Oberlaaer Straße 78, A-1100 Wien
Tel.: +43 1 689 7566, Fax.: +43 1 689 7566-29, e-mail: last.co@telecom.at
Der Autor hält auch Multimediavorträge über sein Erlebnis, als dritter Pilot im Eigenbauflugzeug, die Erde zu umrunden. (Kontaktadresse siehe oben)