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Fliegen in Frankreich

Erlebnis Altiport

„Leben wie Gott in Frankreich“ heißt es in einem Sprichwort und was das in der Fliegerei bedeutet konnten wir heuer am eigenen Leib erfahren. Schon lange hatten wir vor unseren Sohn, der seit längerem in Frankreich lebt, zu besuchen. Natürlich mit dem Flieger, denn mit dem Zug oder Auto wären es ca. 13 Stunden Fahrzeit pro Strecke. Also planten wir für die Woche vom 18. bis 24. Juli eine Reise nach Lyon und hofften auf schönes Wetter. Sonntag war es dann soweit, das Wetter war wirklich strahlend schön, nur der Westwind brachte meine Treibstoffkalkulation etwas durcheinander. Bis zum Zielflugplatz in einem Flug wäre nur ohne Reserve möglich, daher planten wir einen Tankstop in Leutkirch.

Unterwegs rasteten wir wie gewohnt unsere Companyfrequenz 123.45 und kurze Zeit später hörten wir schon eine bekannte Stimme im Headset, nämlich Poldi Beham, der sich gerade mit unserem Freund Hubert Keplinger im Smalltalk unterhielt. Die beiden waren auf dem Heimflug vom Flugtag in Tannheim, den wir heuer ausfallen lassen mussten wegen unserer Reisevorbereitungen. Wetter Richtung Westen ist problemlos konnten sie uns berichten. So blieb es dann auch bis zu unserem Zielflugplatz Villefranche, ein Flugplatz in der Größe wie Krems mit 930m Hartbahn, nord-westlich von Lyon gelegen.


Das Anflugverfahren hatte ich schon vorher studiert, die Frequenz gerastet, Funkverkehr auf Französisch war zu hören, also im Anflug wie gewohnt eine Meldung auf Englisch abgesetzt. Keine Antwort, also noch einmal etwas deutlicher sprechen, vielleicht haben sie dich nicht verstanden . Wieder Funkstille, so probierten wir es noch einige male ohne Erfolg.

Also was machen? Nachdem wir wussten dass uns unser Sohn unten erwartet, kam ein Ausweichen auf einen anderen Platz nicht in Frage. Inzwischen hatten wir die Piste schon in sicht, also schnell die Entscheidung ob Piste 36 oder 18, nach dem Windsack passt die 18. Also Blindmeldungen abgesetzt, Luftraum beobachtet und rein auf die 18. Nach dem Abstellen am Apron kam uns schon Christian entgegen, den wir ersuchten, den Betriebsleiter zu fragen, warum uns am Funk niemand geantwortet hat. Die Antwort war kurz und einfach: Es sei hier nicht üblich, dass der Betriebsleiter Anweisungen gibt, es werden von allen Flugzeugen nur Blindmeldungen abgesetzt, so wie wir es eh richtig gemacht haben. Na ja, so was sollte man einmal bei uns in Österreich probieren.

Am folgenden Tag wollten wir eine Planung für die nächsten Tage machen, dabei erwähnte Chris, der ein ambitionierter Radfahrer ist, dass kommenden Mittwoch eine Etappe der Tour de France auf die Alpe d´Huez, ein bekanntes Skizentrum in den französischen Alpen führe und dass er sich dieses Spektakel gern ansehen würde. Alpe d´Huez, das sagt mir auch was, das ist doch ein bekannter Airport, mit einer ganz kurzen ansteigenden Piste hoch oben in den Bergen. Nach kurzer Suche im Internet hatte ich das Objekt meiner Begierde gefunden: den Altiport Henri Giraud auf 6000ft etwas abseits von Alpe d´Huez gelegen, 450m Hartpiste mit 16% Steigung. Wir beschlossen also gleich am nächsten Tag mit dem Auto hinzufahren.

Der Rummel auf den Zufahrtsstraßen war bereits enorm, die Fahrt über die eigentliche 15 km lange Bergstrecke dauerte fast eine Stunde, da die Fans bereits Tage davor die Plätze entlang der Straße belegten und dementsprechend viel Gedränge herrschte.


Endlich oben angelangt fanden wir auch bald den Flugplatz. Wie erwartet, eine ganz kurze Piste, steil abfallend und unten flach auslaufend wie eine Skischanze.

Wir befragten einen jungen Mann, der der dort Gästeflüge mit einem bereitstehenden Trike machte, über das Anflugverfahren. Anfliegen dürfte man hier eigentlich nur mit eigener Einweisung, sagte er uns, aber um 40€ würde er mit mir 3 Platzrunden machen. Gesagt getan, eine luftige Sache in so einem Trike. Die Sache mit dem Anflug schien gar nicht so schlimm, man braucht sich nur den Flugplatz St. Georgen um 16% bergauf vorstellen. Und beim Ausschweben schön ziehen, da der Boden schnell ansteigt.

Ich wusste genug. Da musste ich hin mit meiner Cherry. Auf 400m Pisten bin ich schon öfter gelandet und nach dieser „Einweisung“ fühlte ich mich auch dieser Anforderung gewachsen. Am Donnerstag, also einen Tag nach der Tour, die wir uns im Fernsehen anschauten (bekanntlich hat diese Etappe der amerikaner Armstrong gewonnen), war das Wetter schön genug und wir, d.h. Chris und ich, machten uns auf den Weg.

Ein Anflugblatt hatte ich mir aus dem Internet besorgt und mit Fotoapparaten bewaffnet starteten wir von Villefrance. Die Funkverfahren kannte ich ja nun bereits.


Nach einer Stunde Flugzeit hatten wir Grenoble hinter uns und befanden uns in 6000ft in einem engen Tal in den Französischen Alpen, auf der Suche nach einem kleinen Dorf, das wie ein Schwalbenkessel auf einem Berghang klebt.

Bald hatten wir es gefunden und auch die Piste daneben, wo wir hinwollten. Also den Anflug genauso wie es mir der Trikeflieger gezeigt hatte: zuerst den Platz überfliegen, dann schräg abfliegen und in den Endanflug kurven, ja nicht zu tief, denn dort geht´s steil bergab.

Der Anflug war dann auch eher unspektakulär. Nur hatte ich übersehen, dass wir etwas Rückenwind hatten und dadurch ziemlich spät zum Aufsetzen kamen, was unsere Bremsen stark strapazierte. 


Wie schon gewohnt war am Funk wieder keine Antwort gekommen, also kletterten wir die steile Treppe zum Turm hinauf. Der freundliche Betriebsleiter drückte mir einen riesigen Stempel ins Flugbuch. Die Frage nach der Landegebühr beantwortete er nur mit einem lässigen Schulterzucken: Das Landen hier oben kostet nichts! Er erzählte uns noch, was am Vortag hier los war. Alle prominenten Radfahrer samt Begleitern waren von Hubschraubern hier abgeholt worden, dementsprechend voll war der kleine Abstellplatz gewesen.


Wir gönnten uns also noch einen Kaffee mit Kuchen bevor wir den „Absprung“ auf der Piste wagten.

Währendessen kam noch eine französische Jodel, die gleich wieder wegflog, so konnten wir den Start beobachten. Natürlich bergab in der Gegenrichtung, die Jodel flog bereits bei der halben Piste.


Tatsächlich ist einem doch etwas mulmig zumute, wenn man an der Schwelle steht und vor sich nur 50m Piste, die dann ins Nichts nach unten verschwindet. Unser Start war aber dann problemlos: mit Vollgas runter die 16%, die Fahrt ist schnell im weißen Bereich und wir flogen bereits wieder in 6000ft heimwärts. Doch zuvor kletterten wir noch auf 11000ft um die Skifahrer auf einem Gletschergebiet zu beobachten, die dort mitten im Sommer vollen Betrieb hatten.


Nach einer schönen Woche hatten wir den Heimflug nach Österreich für Samstag geplant. Da am Vortag noch eine Kaltfront mit schweren Gewittern durchgezogen war, schienen die Voraussetzungen am Samstag mit relativ tiefen Untergrenzen, aber aufgelockerter Bewölkung fraglich. Wir beschlossen jedoch es zu versuchen. Aber bereits vor der schweizerischen Grenze war infolge aufliegender Bewölkung ein Weiterfliegen unmöglich und wir flogen zurück, um eine weitere Nacht in Lyon zu verbringen. Tags darauf war das Wetter jedoch einwandfrei und wir konnten einen wunderschönen Flug über die Schweizer Alpen genießen.

Nach einem Tankstop in Wels und einem gemütlichen Mittagessen im Airrest landeten wir wohlbehalten in Krems.