RV-8 – OE-VRP von Franz PILLER
Das erste Mal wurde ich mit dem Fliegervirus im Bubenalter – also vor über 50 Jahren - angesteckt. Ein Kollege meines Vaters, welcher im 2. Weltkrieg Jagdflieger war, erzählte wie er über dem Mittelmeer mit seiner ME-109 abgeschossen wurde. Bis ins kleinste Detail saugten wir seine Erzählungen auf und ab diesem Zeitpunkt wollten wir Buben nun auch alle Jagdflieger werden. Na ja - das waren halt Bubenträume.
Viele Jahre später hatte ich mein erstes Flugerlebnis. Ich fuhr damals von der Feuerwehrschule Tulln heimwärts und in der Gegend um Stockerau beobachtete ich Sportflugzeuge am Himmel. Da musste ich hin und mir das genauer ansehen. Nach einiger Zeit des Zusehens fragte mich ein junger Pilot – ob ich denn mal mitfliegen wolle. Ich konnte nicht nein sagen – ich war ja noch nie in meinem Leben geflogen und außerdem konnte ich als „Halbstarker“ gegenüber meinen Freunden und den Mädels damit angeben. Ich hatte bis dato keine Angst vorm Fliegen - meine größte Sorge war – ob der Inhalt meiner Geldbörse für den Flug reichen würde.
Kurze Zeit später saßen wir in der Cessna 150 – anschnallen – Motor anlassen und ab auf die Startbahn. Da wurde mir schon ein wenig mulmig als ich feststellte wie das Flugzeug schepperte und wackelte. Nachdem das Flugzeug dann endlich abhob – die Kiste wackelte und als alles noch mehr schepperte, hatte ich das erste Mal in meinem Leben wirklich Angst – die Blöße wollte ich mir aber nicht geben – cool bleiben war mein Motto. Als der Pilot dann noch nach einiger Zeit sagte – probier mal selber zu steuern – hielt ich das Steuerhorn – wie ein Eis um 500 Schilling bei 30 Grad Celsius und meine Finger waren vor Blutleere weiß. Nach geglückter Landung war ich heilfroh wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Den Traum vom Fliegen hatte ich fürs erste einmal verworfen.
Der zweite Anlauf vom „Traum vom Fliegen“ war dann viele Jahre später – inzwischen hatte ich meine liebe Brigitte
kennen und lieben gelernt – wir hatten gemeinsam ein Eigenheim errichtet und zwei wundervolle Kinder (Patrick und Barbara) im Schulalter. Damals begannen einige Leute im Nachbarort auf einer langen Wiese und mit einer Startwinde mit der Segelfliegerei. Da lernte ich Walter Sölle und seine Truppe kennen, der damals auch der „Leitwolf“ dieser Fliegertruppe war. Ich durfte einige Flüge mit dem Bergfalken III mitmachen.
Erneut war ich mit dem Fliegervirus angesteckt und in Anbetracht der überschaubaren Kosten für diese Sportart liebäugelte ich damit, auch Segelflieger zu werden. Aber was sagt da meine Brigitte dazu? Ich war erstaunt – als ich ihr mit leuchtenden Augen von der Schönheit des Segelflugs und meinen Absichten erzählte – als sie sagte „ Na und warum machst es dann nicht?“.
Einige Jahre später erwarb ich dann noch den Privatpilotenschein. Irgendwann liebäugelte ich dann damit, ein eigenes Flugzeug zu besitzen. Ich studierte diverse Anzeigen in den Fliegerzeitungen und stellte fest das das eigene Flugzeug finanziell doch eine Nummer zu groß für mich war.
Bei einem Vortrag in Stockerau von Hans Guttmann über seinen Flug um die Welt mit einem Eigenbauflugzeug wurde ich hellhörig. Mit einem Eigenbauflugzeug?
Ich verfolgte diese Sache weiter und begann zu recherchieren – besuchte diverse Flugzeugbauer wie Peter Kalcher und Rudi Dallinger welche beide an einer RV-8 bauten und mir Einblick in ihre Projekte gewährten. Inzwischen war ich Mitglied im Igo Etrich Club und bestellte die ersten Teile für eine eigene RV-8 aus den USA.
Die Entscheidung für die Van‘s war aus folgenden Überlegungen zustande gekommen:
die Zuladung – ist in meiner Gewichtsklasse immer ein Thema
die Festigkeit – beruhigt wenn ein Flugzeug in Turbulenzen nicht gleich überbeansprucht wird
die Leistung – da kommen nicht viele Serienflugzeug mit
Der langen Rede kurzer Sinn: Ich begann mit dem Bau meiner RV-8 unter der Baubegleitung unseres Präsidenten Othmar Wolf. Voller Euphorie dachte ich dieses Projekt in 3-4 Jahren fertigstellen zu können. Dies war eine gewaltige Fehleinschätzung – hauptberuflich als Softwareentwickler und IT-Techniker tätig und nebenbei als 2. Standbein die Verantwortung und Mitarbeit im eigenen IT-Unternehmen. Dementsprechend knapp war es an nötiger Freizeit für meine begonnene RV-8. Nach dem Motto - „Gute Arbeit braucht Zeit“ machte ich mir nie einen Druck zur Fertigstellung meines Projektes.
Viele einfach aussehende Teile unterschätzt man vom Zeitaufwand gewaltig. Die Anpassung der Cowling und der Kabinenhaube zum Beispiel oder die Elektrik oder bis das Flugzeug dann endlich lackierfertig ist – endlos.
Spannend war auch der Moment als ich mit Unterstützung von Walter Sölle das erste Mal die Tragflächen an den Rumpf steckte. Alles mit einem Laser genau in die Waage gestellt – Holm und Abstand in der Holmbrücke nochmals nachgemessen – das könnte sehr eng werden da das Loch in der Holmbrücke offensichtlich um 2/10 kleiner war als der Holm selbst. Nach leichtem Anphasen der Bleche am Holm und dem Einsatz von Vaseline flutschten die Tragflächen in die vorgesehene Öffnung. Auch die vorbereiteten Holm-Bolzen passten einwandfrei und ohne wesentlicher Gewaltanwendung. Bei der anschließenden Vermessung der Geometrie hatte mir Walter ein „Ei“ gelegt indem er mich beim Messen des Abstandes von den Flächenspitzen zum Rumpfhinterteil gegenüber der linken Tragfläche um 10 Zentimeter anmogelte. Als hätte mich einer mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen lag ich am Rumpfende meines Fliegers und dem Ende des Maßbandes am Boden und konnte es nicht fassen. Walter lachte und sagte „war nur ein Scherz“ das passt ja auf den Millimeter genau. Als dann noch eine neugierige Nachbarsfrau den Flieger auf der Straße vor meiner Werkstatt mit den angesteckten Tragflächen sah und einen prüfenden Blick auf die Torbreite machte, fragte sie mich, wie wir denn das „Werkl“ da wieder beim Tor hineinbringen? Nun war ich auch schon zum Scherzen aufgelegt und ich antwortete ihr mit ernster Miene, dass anschließend jemand mit einer Stein-Motorsäge kommt und links und rechts vom Tor Schlitze in die Mauer hineinschneidet, welche anschließend, wenn der Flieger in der Werkstatt ist, wieder zugemauert werden. Aha- so geht das – hab ich mir eh gedacht – und ist Gott sei Dank wieder abgedampft.
Wolfgang Mokesch, ein Autospengler und Lackierer, verpasste meinem Baby ein wunderschönes weißes Kleid mit einem roten Schwanz (Leitwerk) und einem roten und grauen Zierstreifen am Rumpf. Nach der anschließenden Komplettierung des Fliegers in meiner Werkstätte konnte ich dann im März 2018 meinen vorläufigen Hangarplatz am Flugplatz Krems beziehen und das Flugzeug endgültig aufrüsten.
Im Endeffekt dauerte es 9 Jahre bis zur Fertigstellung des Flugzeuges. Für mich war die manuelle und handwerkliche Tätigkeit in der Fliegerwerkstatt eine Entspannung gegenüber meiner stressigen Tätigkeit in der IT- Branche.
Vor der Endabnahme durch Mark Wrathall von der ACG war doch noch einiges zu erledigen. Mein Baubegleiter Othmar Wolf und Wolfgang Paungattner führten die Vorabnahme durch, bei der für mich erneut einige Punkte abzuarbeiten waren. Hans Brandstätter kam mit den Waagen des IE Clubs zur Schwerpunktvermessung nach Krems. Jede Menge Papierkram war noch zu erledigen – Versicherung – Anmeldungen bei der Fernmeldebehörde – Austro-Control Formulare und Ansuchen – Betriebsanleitung erstellen etc., etc.
Nach sorgfältiger Vorbereitung – einigen Motor Standläufen und Rollversuchen – war endlich der Tag der Warheit – der Abnahmetermin gekommen. Am 5. April 2018 prüfte Mark Wrathall von der ACG sehr eingehend im Beisein von Othmar Wolf meine RV. In Anbetracht der kurzen Beanstandungsliste – bei der nur ein wirklich technischer Punkt (den ich durch füllen einer falschen Bremsflüssigkeit selber verursacht habe) und sonst nur administrative Punkte auf der Liste standen – war es eine gelungene und erfolgreiche Abnahme. In einem Mail bedankte sich Mark Wrathall nochmals für die gute Vorbereitung der Abnahme und die Vollständigkeit der Unterlagen bei mir und dem Igo Etrich Club unter der Leitung von Othmar Wolf und seinen Männern. Die Anmerkung von Mark - „Franz – pass bitte gut auf diesen schönen Flieger auf“ ehrte mich besonders.
Nach Abarbeitung der Beanstandungsliste und die ersehnte Erprobungsbewilligung in der Hand war es dann endlich soweit: der ERSTFLUG
Schon lange vor der Fertigstellung überlegte ich mir, wie der Erstflug meines Flugzeuges erfolgen sollte. Im Gedanken fliegt man das Flugzeug ja schon – sieht sich unzählige YouTube Videos im Internet an und muss sich entscheiden ob man den Erstflug selbst oder von einem Profi machen lässt. Auf Grund meiner mangelnden Erfahrung auf solchen Hochleistungsflugzeugen und reiflicher Überlegung ersuchte ich Wolfgang Paungarttner als erfahrenen Van‘s Piloten den Erstflug meines Flugzeuges durchzuführen. Es wäre ein falscher Stolz – sein Lebenswerk vielleicht durch eine Fehlreaktion aus Unerfahrenheit – zu gefährden oder gar zu zerstören.
Am Donnerstag den 14. Juni 2018 war es dann soweit. Schon zeitig in der Früh fuhr ich nach Krems um alles penibel genau vorzubereiten und den Flieger nochmals eingehend durchzuschauen. Im lauf des Vormittages kam dann Wolfgang mit seiner RV-8 nach Krems. Othmar Wolf wollte natürlich auch dabei sein und kam mit seinem Elektro Flitzer – Walter Sölle, der zufällig einen Termin in Krems hatte, wollte sich den Erstflug auch nicht entgehen lassen. Kurzum erklärte ich Wolfgang alle „Schalterchen“ und „Hebelchen“ in meinem Flieger – und Wolfgang nickte nur verständnisvoll und sagte anschließend „na dann gemma‘s halt an“. Ich stellte mir vor, so wie ich es für mich zig-male im Gedanken durchgegangen bin, dass nun einige Rollversuche mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten durchgeführt werden und dann der Flieger mal kurz von der Piste abgehoben und wieder hingesetzt werden wird und erst dann der endgültige Erstflug erfolgen wird.
Gewaltig geirrt: Wolfgang stieg in das Cocpit – Systemcheck – der Motor läuft auf den 1. Drücker – Warmlauf – kurze Kommunikation mit dem Turm in Krems – dann rollt meine RV langsam zur Piste 29. Kurz darauf war mein Flieger mit meinem Testpiloten Wolfgang auf der Piste – eine Wende am Endpunkt der 29 und ich hörte aus der Ferne wie der Lycoming Clone (IO-360) kräftig und röhrend Drehzahl annahm – nach kurzer Startstrecke war meine RV mit dem Kennzeichen OE-VFP das erste Mal in der Luft und stieg zügig in den Kremser Himmel. Ich war so aufgeregt und perplex, dass ich trotz 2 Kameras in der Hand keine vernünftigen Bilder des Erstfluges zustande brachte. Mir blieb vor Staunen – über den Wagemut und auch das Vertrauen, welches Wolfgang offensichtlich in mich als Erbauer des Flugzeuges hatte – die Spucke weg.
Ich versuchte mich in die Lage von Wolfgang zu versetzen – funktioniert alles – hat er Stress – gibt es Probleme? Nach einer Platzrunde setzte er souverän auf der 29 auf und rollte auf das Vorfeld zurück. Ganz locker und relaxed hob er beim Vorbeirollen den Daumen, zum Zeichen das alles OK ist. Nach einer kurzen Besprechung führte Wolfgang dann noch einen längeren Flug und eine perfekte Landung durch. Anschließend hatten wir bei einem guten Mittagessen die Eindrücke und Erkenntnisse des Testpiloten besprochen. Dass bei einem neuen Flugzeug natürlich noch Feintuning erforderlich ist, war mir von Anfang an klar.
Die Leerlaufdrehzahl ist mit über 1050 RPM zu hoch und die Gemischaufbereitung ist noch zu FETT – dies habe ich mit Unterstützung von Walter Sölle bereits erledigt; Feineinstellung der Ruder und Landeklappen – (das Flugzeug tendiert bei höherer Geschwindigkeit nach rechts zu rollen) – wird in den nächsten Tagen erfolgen; In Anbetracht meiner Einschulung durch Wolfgang am Doppelsteuer – wir sind beide nicht unbedingt von schwachen Eltern – sollte die Schwerpunktlage durch versetzen der derzeit 13 Kg schweren Starterbatterie vom Rumpf auf ein leichteres Modell mit 5,7 Kg im Bereich des Brandschott verbessert werden.
Nach einigen Solo Flügen durch Wolfgang und den erfolgten Anpassungen steht meiner Einschulung am Doppelsteuer nichts mehr im Wege.
Ich muss mir dann nur noch einen Namen unseres „Baby‘s“ einfallen lassen – Anfang Juli 2018 werden meine Brigitte und ich das erste Mal stolze Großeltern – es wird ein Mädchen – dessen Name uns aber noch nicht verraten wurde – aber ich könnte mir gut vorstellen, dass unser Flugzeug auch so heißen könnte.
Ich wünsche mir, dass uns dieses Flugzeug viele schöne Flüge und Reisen beschert und das wir immer gesund zurückkommen werden.
Ich bin richtig stolz auf meine Familie, welche mich in all den Jahren bei diesem Projekt unterstützt hat und das nötige Verständnis dafür hatte. Ich bin auch stolz darauf Mitglied in einem Verein wie dem Igo Etrich Club sein zu dürfen, wo ich immer ein offenes Ohr für meine Anliegen fand und jegliche Unterstützung erhielt. Was mich besonders freut ist, dass es parallel zu unserer Männerdomäne dank der Heidi Wolf eine Flieger Damenrunde gibt, welche sich gut versteht und dadurch auch an unserem schönen Hobby teilhaben kann.
GLÜCK AB – GUT LAND
Franz