Wiedergeburt der Arado 96
Von Alois und Hannes Krennmeir
Warum baust du gerade dieses Flugzeug, nämlich die Arado 96? Diese Frage wurde mir während des Baus immer wieder einmal gestellt. Die Ursache meines besonderen Interesses für dieses Flugzeug liegt in der Zeit meiner Kindheit begründet.
Nur etwa 300 m von unserem Bauernhaus entfernt begann das große Gelände eines Flugplatzes der ehemaligen deutschen Luftwaffe. Die dort stationierten Flugzeugführerschulen verwendeten neben anderen Mustern vielfach die Arado 96 insbesondere für die Fortgeschrittenenschulungen. Nach dem Ende des Krieges standen auf unseren Wiesen drei zurückgelassene Arado 96. Diese Flugzeuge erregten mein besonderes Interesse und die Erinnerung daran ist letztendlich auch der Grund dafür, dass ich gerade diesen Typ bauen wollte.
Dass ich ein Warbird-Fan bin mag wohl ein offenes Geheimnis sein, ich muss dazu aber bemerken, dass mich Waffen oder Bewaffnung nie interessiert haben. Ich habe ein Faible für diese Flugzeuge, mich interessiert ihre Technik und Geschichte etc. Im Übrigen gibt es weltweit diesbezüglich eine große Szene. Die spielen aber meistens finanziell in einer anderen Liga. Alte Propellerflugzeuge üben auf viele - auch auf mich - eine große Faszination aus, doch kaum jemand kann sie sich leisten. Das gilt ganz besonders für Warbirds. Wer trotzdem ein solches Flugzeug besitzen und fliegen möchte muss sich eben selbst eins (im verkleinerten Maßstab) bauen. Die Palette der Selbstbau-Warbirds ist über die Jahre größer geworden und reicht von der Spitfire über die Me109, FW 190 bis zur Mustang etc. Nur für einen Arado 96 Nachbau hat sich leider noch niemand gefunden, das mag wohl daran liegen, dass der Name Arado im Allgemeinen nicht so geläufig ist, wie die "bekannten" Firmen. Allein von der Arado 96 sind mehrere tausend gebaut worden, bei Avia und Letov in Prag lief die Fertigung sogar noch etwa bis 1950, allerdings unter der Bezeichnung C2. Die Firma Flugwerk (FW190 Nachbau) hatte ursprünglich die Absicht die Arado 96 original nachzubauen, den Plan jedoch verworfen. Die Schweiz hatte gegen Ende des Krieges versucht eine Lizenz zum Nachbau für die Arado 96 zu bekommen. Dieses Vorhaben wurde jedoch nicht weiter verfolgt. Statt dessen entwickelte Pilatus die P2 in Anlehnung an die Arado96.
Daran, dass ich trotz meines doch schon etwas fortgeschrittenen Alters dieses arbeitsaufwändige Projekt begonnen habe, ist unser Sportfreund Ernst Schobersberger schuld. Ernst hat damals gerade an seinem Projekt (Stern ST87) zu arbeiten begonnen. Ich dachte mir, wenn das der "Schobi" noch kann, dann will ich es auch noch einmal wagen. Das dieses Vorhaben mehr als 13 Jahre verschlingen würde, damit habe ich dennoch nicht gerechnet. Ich habe die Arbeit aber nicht als Last empfunden, sondern es war für mich Erfüllung, Freude am Bauen und Selbstbestätigung, sonst wäre ein solches Projekt illusorisch und von vornherein zum Scheitern verurteilt. Ich habe mich gelegentlich aber dennoch gefragt "Was hast du dir da in deinen alten Tagen noch angetan?". Solche Tiefs gehen vorbei und man freut sich an dem bereits Geschaffenen.
Glücklicherweise war mein Sohn Hannes in die Arbeiten voll mit eingebunden, sonst wäre möglicherweise die Arado nie vollendet worden. Auch mein Enkel Michael war auch bei gewissen Tätigkeiten mit von der Partie (beide Piloten).
Nun ja, es ist halt kein Bausatzflugzeug unser Projekt, wir hatten nicht einmal einen Plansatz. Grundlage unserer Arbeiten war ein Zeichnungsblatt (tschechischen Ursprungs) mit Rasterbemaßung. Zusätzlich hatten wir noch Betriebshandbuch, Wartungshandbuch und Ersatzteilhandbuch vom Verlag Hafner als Absicherung der Daten dieser Rasterzeichnungen zur Verfügung.
Das Projekt unseres Arado 96 - Nachbaus in 80% der Originalgröße entspricht nur der äußeren Form nach exakt dem Vorbild. Im Gegensatz zur Metallkonstruktion des Originals ist unser Projekt in konventioneller Holzbauweise hergestellt. Obwohl die Zahl der Spanten und Rippen weitgehend dem Vorbild entsprechen, ist das "Innenleben" konstruktiv völlig anders. Puristen werden möglicherweise bemängeln, dass gewisse Teile nicht dem Original entsprechen. Für einen Amateur ergaben sich diese Zugeständnisse aus Grenzen der technischen und finanziellen Machbarkeit.
Bei der Frage der Triebwerkswahl war von Anfang an klar, dass ein Boxermotor aus optischen Gründen nicht in Frage kommt, es kann also nur ein Reihenmotor mit hängenden Zylindern sein. Die Auswahl auf diesem Gebiet ist wohl nicht sehr groß. Die spanischen, französischen und englischen sind eher nicht mehr verfügbar, kamen für uns auch von vorherein nicht in Frage. Bleiben also nur die Walter und LOM Motoren. LOM ist die Nachfolgefirma von Walter und heißt Letecke Opravny Malesize, was auf Deutsch etwa Luftfahrttechnischer Betrieb Malesize heißt. Es steckt eine Menge Tradition in diesen Motoren, die Tschechen sind gute Ingenieure und technisch sind die Antriebe den Lycomings und Contis mindestens ebenbürtig. Ich muss wohl eingestehen, dass ich bisher eher eine etwas negative Einstellung gegenüber diesen Motoren hatte, bin aber erfreulicherweise eines Besseren belehrt worden. Wir haben wohl erst 50 Stunden Erfahrung mit diesem Aggregat, waren aber dennoch angenehm überrascht von der Laufkultur, dem besonderen Klang, der Startfreudigkeit und dem vibrationsarmen Betrieb dieses Reihen 6 Zylinders. Besonders wichtig ist auch, dass der LOM vom Werk her MOGAS-tauglich ist. Die Verbrauchswerte entsprechen in etwa denen des 180 PS Lycoming. Die Wartung direkt vom Werk und die Ersatzteilversorgung ist auch gesichert.
Der Propeller mit automatischer Verstellung (System Argus mit den Windflügeln am Spinner) kommt von der Firma Avia in Prag (inzwischen in Besitz der Firma Mühlbauer).
Diese Kombination Motor und Prop wurde auch bei den Zlins verwendet.
Nun zum Bau der Arado selbst:
Wie bereits erwähnt stand uns für die Arbeiten kein Plansatz zur Verfügung. Aufbauend auf den Berechnungen von Ing. Glatzmair und Ing. Rögner mussten für die Hauptkomponenten der Zelle entsprechende Zeichnungen angefertigt werden. Die Zeichnungen für die Holme der Flächen und des Leitwerks kamen von Glatzmair bzw. von Rögner selbst. Es konnte bei den Arbeiten immer nur dem aktuellen Bauzustand entsprechend der nächste Schritt geplant und umgesetzt werden. Bei den Holzarbeiten hatte ich handwerklich nach den Erfahrungen mit der P50 kaum Probleme.
Der erste Bauabschnitt bestand in der Erstellung des Höhenleitwerks, wohl deswegen, weil es sich um die kleinste Baugruppe der Zelle handelt.
Anschließend folgte die Erstellung einer entsprechenden Helling für den Bau des Rumpfes, der im ersten Bauabschnitt mit dem Rücken nach oben gefertigt wurde. Im Bau des Rumpfes ist die Seitenflosse mit ihren 2 Spanten bzw. Holmen integriert. Das besondere am Rumpf ist, dass zum ovalen Querschnitt eine sphärische Außenkontur kommt. Das erschwert natürlich die Arbeit beim Beplanken mit Sperrholz.
Nach dem die Unterseite bis zur Hellingebene beplankt war, konnte der Rumpf von der Bauvorrichtung genommen werden und in die aufrechte Lage gebracht werden, gefolgt von der Beplankung der Oberseite. Natürlich mussten vorher diverse Einbauten für die Ansteuerung des Höhen- bzw. Seitenleitwerks durchgeführt werden.
Als nächste große Baugruppe nahmen wir den Bau der Tragfläche in Angriff. Als Erster Schritt erfolgte der Bau des Hauptholmes, der in Kastenbauweise mit Gurten aus Buchenschichtholz angefertigt wurde.
Zum Hauptholm kommt ein entsprechender Hilfsholm, wo die Beschläge für Landeklappen und Querruder angeschlagen sind.
Die Tanks sind in der Flügelnase integriert (2 x 2 Tanks mit insgesamt 100 l Fassungsvermögen). Die Sperrholzbeplankung erfolgte am Flächenende beginnend mit 1,5 mm und steigerte sich zur Flügelwurzel auf 3 mm. Das gleiche gilt für die Nasenbeplankung, was eine besondere Herausforderung darstellte. Im Rohbau erfolgte der Einbau des elektrohydraulischen Einziehfahrwerkes. (Die Federbeine und Kinematik stammen von einer Piper Seneca)
Am Ende dieses Bauabschnitts stand die Belastungsprobe der fertigen Tragfläche. Die Belastungsprobe basierte auf einer Lastannahme von 4,4 G, wobei die höchsten Lasten im Querruderbereich aufgelegt wurden.
Nach Abschluss des Rohbaus der Zelle erfolgte der Motoreinbau. Als Motorträger wurde ein originaler Motorträger aus einer Zlin 142 verwendet. Dieser Motorträger war jedoch für die Verwendung in der Arado 96 zu lang und musste gekürzt werden. Bevor das möglich war, musste die exakte Einbauposition des Motors festgelegt werden. Zielvorgaben waren 2° Sturz sowie 2° Seitenzug. Bei diesen Werten muss der Propellerflansch im Zentrum der horizontalen Rumpfachse positioniert sein, was bedeutet, dass die Befestigungspunkte am Rumpf exzentrisch liegen (in Flugrichtung nach rechts verschoben).
Natürlich musste für den Motorträger ein Belastungstest durchgeführt werden. Gleichzeitig erfolgten die Belastungstests für Fahrwerk und Leitwerk.
Der Bau der Motorverkleidung aus Blech war Neuland für uns. Es mussten entsprechende Rippen aus Alublech gedengelt werden, um den Übergang vom Querschnitt der Frontmaske zum Brandspant zu ermöglichen. Auch das Arbeiten mit den Nieten war eine erste Erfahrung.
Als letzter Schritt des Rohbaus erfolgten die diversen Installierungsarbeiten für Fuelmanagement, Ölhaushalt, Instrumentierung und Hydraulikanlage für das Fahrwerk.
Die elektrische Installation erfolgte in bewährter Weise durch unseren Freund Hermann Eigner.
Die Lackierung erfolgte nach authentischen Vorlagen durch Ernst Schobersberger und Sepp Baumgartner in unserer improvisierten Spritzbox. Trotz der einfachen Verhältnisse kann sich das Ergebnis sehen lassen.
Der erfolgreiche Erstflug der Arado 96BN erfolgte am 26 April 2013. Unser Testpilot Sepp Ecker hat einen ersten kurzen Flug rund um LOLW absolviert und mit einer perfekten Landung abgeschlossen.
Mittlerweile ist das Erprobungsprogramm praktisch abgeschlossen und wir können auf 50 problemlose Betriebsstunden zurückblicken.
Insgesamt sind wird mit den Flugeigenschaften sowie mit den Flugleistungen überaus zufrieden